„Schon lange hatte es der öffentliche Dienst nicht mehr so nötig, seiner zu gedenken!“, mahnt Rainer Nachtigall, Vorsitzender des Bayerischen Beamtenbundes (BBB) mit Blick auf den morgigen Tag des öffentlichen Dienstes. Bei Fachkräften, und auch beim Nachwuchs ganz allgemein, stehe der öffentliche Dienst als Arbeitsplatz lange nicht mehr so hoch im Kurs wie früher. „Hier rollt eine Lawine auf uns zu, die wir so schnell wie möglich abfangen müssen“, verlangt der BBB-Chef.
„Die Babyboomer-Generation verabschiedet sich in den Ruhestand und beim Nachwuchs kann der öffentliche Dienst momentan nur begrenzt punkten“, so der BBB-Chef. Heutige Absolventen hätten einen anderen Erwartungshorizont. Mehr Flexibilität, mehr Variabilität und bessere, bzw. unkonventionellere Aufstiegschancen seien gefragt. „Wir brauchen neue Denkanstöße!“, verlangt Nachtigall. Denn auch bei den Spezial- und Fachkräften kann das Angebot des öffentlichen Dienstes auf dem freien Arbeitsmarkt nur schwer mithalten. „Und da geht es nicht nur um finanzielle Anreize“, ergänzt der Vorsitzende.
Die Bereiche, in denen nicht mehr alle Stellen zu besetzen sind, sind zahlreich und betreffen ganz unterschiedliche Sparten: Technik, Ingenieurswesen und IT sind hier schon länger im Gespräch. Inzwischen geht es aber auch um Polizei, Justiz und Justizvollzug, um Steuerverwaltung und Ländliche Entwicklung oder Landwirtschaftsverwaltung. Im Kinderschutzbereich sind nur 25 Prozent der Stellen besetzt. Bei der Ländlichen Entwicklung machen sich nun rund 20 Jahre Personalabbau bemerkbar – mit allen Folgeproblemen. Im Steuerbereich können in der dritten Qualifikationsebene voraussichtlich rund 50 Prozent der Stellen nicht besetzt werden. Und in der zweiten sieht es mit 20 Prozent auch nicht viel besser aus. Bei den Kommunen sieht es nicht anders aus.
„Wollen wir einen leistungsstarken und kompetenten öffentlichen Dienst, auf den sich Bürgerinnen und Bürger, ebenso wie Wirtschaftsunternehmen und ausländische Partner voll und ganz verlassen können?“, fragt Nachtigall, „Dann dürfen wir den Anschluss beim Wettbewerb um die besten Köpfe nicht verpassen!“ Man müsse für neues Personal attraktiv sein, verlangt er.
Einen möglichen Ansatz sieht Nachtigall – neben einer Reform der teilweise stark bürokratisierten Auswahlverfahren – unter anderem in der Ausweitung der Möglichkeiten zum Quereinstieg. „Hier müssen Anreize geschaffen und Hürden abgebaut werden“, verlangt er. Man brauche praktikable Wege, die ohne zu viel Verwaltungsaufwand den Zugang ermöglichen.
Mit dem schnellen digitalen Wandel, dem Personalmangel und den immer neuen gesellschaftlichen Anforderungen, stehen wir vor großen Herausforderungen in allen Berufssparten des öffentlichen Dienstes“, so der BBB-Chef.
Der Tag, der von der UN ins Leben gerufen wurde, um den Wert und die Integrität des öffentlichen Dienstes für die Gemeinschaft zu feiern. Er soll den Beitrag des öffentlichen Dienstes zum Entwicklungsprozess hervorheben und die Arbeit der dort Beschäftigten würdigen. Gleichzeitig geht es darum, junge Menschen zu ermutigen, eine Karriere im öffentlichen Sektor einzuschlagen.
BBB-Presseerklärung vom 22. Juni 2023
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