Mit Urteil vom 16. April 2024 (Aktenzeichen 3 Ca 2231/23) hat das Arbeitsgericht Essen im Fall einer Arbeitnehmerin entschieden, dass die Inflationsausgleichszahlungen auch während der Elternzeit nicht gekürzt werden dürfen. Der Entscheidung lag die Rechtslage des TVöD zugrunde. Sie ist noch nicht rechtskräftig. Die Berufung ist zugelassen.
Gleichwohl sollten Tarifbeschäftigte aller Bereiche schnellstmöglich ihre Ansprüche sichern!
Der dbb beamtenbund und tarifunion stellt einen Musterantrag zur Verfügung, der unten abgerufen werden kann.
Die Arbeitgeberin gewährte der Klägerin, deren Arbeitsverhältnis dem TVöD unterfällt, im Jahr 2023 (vollständige Freistellung aufgrund von Elternzeit) keine Inflationsausgleichszahlungen, im Januar und Februar 2024 nur gemäß ihrer Teilzeitquote (während der Elternzeit). Das Arbeitsgericht Essen urteilte, dass der Klägerin auch während ihrer Elternzeit die vollen Inflationsausgleichszahlungen zustanden. Der volle Anspruch bestehe sowohl in der Zeit, in der die Klägerin nicht bei der Beklagten tätig war, als auch in der Zeit, in der sie in Teilzeit tätig war.
Sollte das Urteil rechtskräftig werden, kann dies gegebenenfalls auch Auswirkungen auf die Ansprüche auf Inflationsausgleich aus entsprechenden Tarifverträgen, etwa den TV-L der Landesbeschäftigten, haben.
SCHNELL HANDELN!
Insofern sollten vorsorglich zurückliegend wie künftige Ansprüche auf Inflationsausgleichszahlung während der Elternzeit gegenüber dem Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden.
TARIFLICHE AUSSCHLUSSFRIST!
Sowohl im Bereich des TVöD, als auch beim TV-L gilt die sechsmonatige Ausschlussfrist zur Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeits-, Ausbildungs- beziehungsweise Praktikantenverhältnis ab Fälligkeit des jeweiligen Anspruchs.
DIE RECHTLICHEN ERWÄGUNGEN
Die Nichtberücksichtigung der Personen in Elternzeit verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes, der Tarifvertrag Inflationsausgleich zwischen dbb, Bund und kommunaler Arbeitgebervereinigung sei insoweit unwirksam.
Der Der Arbeitgeber berief sich auf den Tarifvertrag, wonach nur dann ein Anspruch besteht, wenn man im maßgeblichen Zeitraum Arbeitsentgelt erzielt hat. Der Ausschluss von Eltern in Elternzeit sei zudem von der Tarifautonomie gedeckt.
Das Gericht sah das anders: Es bestehe kein sachlich nachvollziehbarer Grund, Beschäftigte in Elternzeit schlechter zu stellen als beispielsweise Beschäftigte, die Kinderkrankengeld beziehen oder Anspruch auf Krankengeldzuschuss haben, auch wenn dieser aufgrund der Höhe der Barleistungen des Sozialversicherungsträgers nicht gezahlt wird, da auch diese Beschäftigten keinerlei finanzielle Leistungen vom Arbeitgeber beziehen.
Keine Entschädigung nach AGG
Eine ebenfalls geltend gemachte Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz sprach das Gericht der Klägerin nicht zu, da die Arbeitgeberin bei der Nichtzahlung des vollen Inflationsausgleichs nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig rechtswidrig gehandelt habe.
Der Beamtenbereich
Im Beamtenbereich stellt sich die rechtliche Lage etwas anders dar und wird derzeit geprüft. Hier droht nicht die sechsmonatige Ausschlussfrist, die für den Tarifbereich gilt. Wir werden weiter berichten.
Anlage 1: Musterantrag Bund / Kommunen
Foto: pflege.de